Von Ignacio García Lascurain Bernstorff

Die schwere, grüne Tür schließt sich. Zurück bleiben die Piazza Navona und der Geräuschpegel unzähliger Touristen und Pilger. Ein Doktorand geleitet den Besucher zum Parterre, wo früher der adventliche Büchermarkt stattfand. Erst dann verschwindet vom inneren Auge der Anblick der durch Bauwände mit Werbung des Jubeljahres teils verhüllte Brunnen der Piazza Navona - ob Triton, Mohr oder Flussgott: alle unterziehen sich derzeit derselben Kur.

Es grüßt stattdessen das Porträt August Geoffroys (1820-1895), des Gründungsdirektors der École Française de Rome. Das Ölgemälde aus der Hand Jules-Eugène Lepneveus (1819-1898) hat einen staatstragenden, fast dynastischen Hauch: Der erste Direktor der Französischen Forschungseinrichtung in der ewigen Stadt blickt im Frack auf den Betrachter herab; an der oberen Ecke in Rötel sein Amtstitel, passend zum Geist der III. Republik.

Gleich zu seinen Füßen findet man die erste einer Handvoll Vitrinen. In bedrängter Fülle vermitteln die tönernen Körperteile und Nutztiere (etruskische Votivgaben) die Euphorie der ersten Jahre der École; man spürt die Tatkraft Geoffroys und vor allem des Archäologen Emmanuel Fernique (1854-1885), der 1878 die Stücke unweit von Palestrina auf der Suche nach dem antiken Praeneste ans Licht gebracht hat. Der schillernde Absolvent des St. Stanislas starb nur 31jährig in seiner Pariser Heimat, kaum zwei Jahre nach der Verteidigung seiner Doktorarbeit.

Sein Erbe aber blieb, und schon 1889 startete die neue prägende Ausgrabung in Vulci. Das führt zur nächsten Vitrine. Die Wanddekoration daneben entspricht dem akademischen Ton des Raumes: Ein Bücherregal mit Publikationen des Hauses, besonders aber mit den Heften der Mélanges de l'Ècole Française de Rome in den drei epochal zugewiesenen Farben.

Hier kommt auch die Vitrine mit den Marmorköpfen, die sonst im Piano nobile zu bewundern sind. Marmorweiß, klein und fein sind sie. In ihrem Format - natürlich nicht in ihrer ruhigen Geste - rufen sie die Groteskenköpfe Berninis im Palazzo Spagna in Erinnerung.

Dem folgt eine Vitrine mit Vasen und Terrakottaware aus Lentini, das  EFR dem bekannten Sammler Augusto Castellani (1829-1914) abkaufte. Eine weitere Bücherecke beendet diese kleine, aber feine Ausstellung; ein akademischer Ruhepol inmitten des Altstadttrubels, der einem an die bleibende Berufung römischer Forschungsinstitute erinnert.

Hier verwandelte und verwandelt sich noch heute das Motto des Jubeljahres: Aus Pilgern der Hoffnung wurden Pilger der Forschung … aber nicht nur. Lebensläufe wie jenes von Paul Maria Baumgarten zeigen, dass aus Pilgern der Forschung besonders im 19. Jahrhundert auch Pilger der Hoffnung wurden.

Die Ausstellung „Un museo per École: la collezione di antichità dell'École française de Rome“ ist bis zum 20. Dezember am Sitz des ÈFR an der Piazza Navona 62 zu sehen.

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