Festschrift für Henner von Hesberg: Die Vatikannekropole
Von Nicolas Möller
Im Februar 2018 fanden anlässlich des 70. Geburtstags von Henner von Hesberg, dem ehemaligen Direktor des DAI Rom, zwei Studientage zur Vatikannekropole statt. Nun liegt der Sammelband in der „Palilia“-Reihe vor, herausgegeben von Ortwin Dally und Norbert Zimmermann. Er vereint Beiträge namhafter Fachleute, die neue Impulse zur Erforschung der Grabbauten der Vatikannekropole setzen.
Den Auftakt macht Henner von Hesberg selbst mit einem Beitrag in Form einer „Mikrogeschichte“. Er widmet sich den Grundstückserwerben, der Planung, Ausführung und frühen Nutzung der Grabbauten und beleuchtet dabei zentrale Akteure – Auftraggeber und Unternehmer. Die Auftraggeber sind meist Freigelassene und ihre Familien, die sich im Leben untereinander oft gekannt haben dürften. Der Beitrag fragt nach Kompromissen zwischen individuellen Wünschen, unternehmerischem Angebot und gesellschaftlichen Konventionen. Auch die Frage nach der Sicherung der memoria und der Sichtbarkeit von Familienbeziehungen im Lauf der Nutzungszeit der Nekropole wird thematisiert.
Daran anschließend analysiert Harald Mielsch die Programme der Innenausstattung und ihre Entwicklung. Nach einer Einleitung über Vielfalt und Entwicklung der römischen Jenseitsvorstellungen und das Fehlen einheitlicher, verbindlicher Anschauungen, zeichnet er die Entwicklung der Ausstattungen in der Vatikannekropole nach.
Dietrich Boschung untersucht Grabaltäre, Urnen und Sarkophage anhand ihrer Fundorte und fragt nach der Sichtbarmachung familiärer Strukturen durch deren Anordnung und Verwendung. Besonders hilfreich ist der beigefügte Katalog der reliefierten Denkmäler nach ihren Fundorten.
Werner Eck geht der epigraphischen Frage nach, für wen die Grabbauten bestimmt waren. Es ist ein glücklicher Umstand, dass der Befund in der Vatikannekropole weit weniger zerstört ist als an den meisten anderen Ausfallstraßen Roms. Ein „schneller Durchgang durch alle Grabbauten“ verbindet die Grabinschriften mit dem archäologischen Befund. Auch hier gibt es einen Anhang, der die Inschriften zusammenstellt.
In einem zweiten Beitrag beleuchtet Henner von Hesberg die Nutzung der Grabanlagen bis zu den baulichen Eingriffen im Zuge der Errichtung der konstantinischen Basilika. Besonders eindrücklich ist die Rekonstruktion der Bauphasen von der Planung der Basilika bis zur Erstellung der Grundmauern und dem Aufschütten der Fundamente. Bemerkenswert ist, dass noch während der Arbeiten an den Fundamenten der Basilika Bestattungen stattgefunden haben und man den Bestand der Grabbauten bis zum letzten Moment schonte und Hinterbliebene die Möglichkeit für letzte Besuche hatten.
Abschließend stellt Giandomenico Spinola neueste archäologische und anthropologische Untersuchungen in den Sektoren des Autoparco und S. Rosa im vatikanischen Bereich der Nekropole entlang der Via Triumphalis vor. Auf der Grundlage topografischer Befunde zeigt sich, dass die Nekropolen an der Via Triumphalis und der Via Cornelia einen zusammenhängenden Grabkomplex bilden.
Wie die Herausgeber treffend schreiben, sind die Grabbauten unter St. Peter in zahlreichen Publikationen dokumentiert und ausgewertet. Der vorliegende Band versucht nun eine übergreifende Bewertung und nimmt die Grabanlagen gemeinsam mit ihrer Ausstattung in den Blick. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße Materialsammlung, sondern um eine Publikation, die durch die Vielfalt der Perspektiven und die Tiefe der Fragestellungen überzeugt.
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- Geschrieben von: Stefan Heid
- Kategorie: Leseempfehlungen
Römisches Institut der Görres-Gesellschaft


