100 Jahre Wiedergründung des Bistums Dresden: Tagungsband
2021 hat das Bistum Dresden 100 Jahre seit der Wiedergründung mit einer Tagung begangen, deren Beiträge nun von Gerhard Poppe herausgegeben wurden. Die Tagung wurde - technisch gesehen - ein Opfer der Covidwelle, umso wichtiger ist nun der Tagungsband "Wege - Gestalten - Profile: Katholische Kirche in der sächsischen Diaspora".
Der mit zahlreichen Abbildungen und historischen Fotographien aufgelockerte Band ist sehr gründlich redigiert und dankenswerterweise mit einem Personenregister ausgestattet.
Das heutige Bistum Dresden ist, was die Katholikenzahl betrifft, ein Winzling. Seine kirchengeschichtliche Bedeutung ist entsprechend groß. Aber auch die kirchlichen Interessen scheinen sich im vergangenen Jahrhundert nicht auf der großen Weltbühne, sondern eher in einer Binnenperspektive zu bewegen und eher um innerkirchliche Fragen vor Ort zu kreisen. Gleichwohl bietet der Band viele Ansätze, die über diesen engen Rahmen hinausführen und erkennen lassen, dass die Rolle des Bistums im Ganzen der deutschen Kirchengeschichte durchaus neu bewertet werden kann.
Dies gelingt auch dadruch, dass sich der Band nicht auf das letzte Jahrhundert beschränkt, sondern die "Vorgeschichte" in mehreren Beiträgen einbezieht:
- Enno Bünz fasst die Geschichte des Vorgängerbistum Meißen von 968 bis 1581 in einem grundlegenden Aufsatz zusammen.
- Gerhard Poppe behandelt die katholische Gesangskultur in Leipzig im 18. Jahrhundert.
- Lubina Mahling befasst sich mit den sorbischen Priestern als slawischen Seelsorgern im 19. Jahrhundert.
- Christian Hecht widmet sich dem Gesangbuch Laudate.
- Benjamin Gallin begleitet die "Grauen Schwestern" im erbländischen Sachsen vor 1914. Die Grauen Schwestern aus Breslau waren bis zum Ersten Weltkrieg auch in der Deutschenseelsorge in Rom und anderen Städten Italiens tätig.
Hier die Beiträge zu den letzten 100 Jahren:
- Bernhard Dittrich gibt eine lesenswerte Übersicht über die "Innenansichten" eines Bistums seit der Weimarer Republik bis heute.
- Edmund Pech behandelt die katholischen Sorben in der DDR.
- Samuel-Kim Schwope geht den Seelsorgehelferinnen der 1950er Jahre nach.
- Jörg Seiler beschäftigt sich mit der Glaubensumfrage der Dresdner Pfarreien 1973.
- Bernd Dennemarck schreibt über das Domkapitel, in dem das alte Kollegiatsstift fortlebt.
Schließlich wird eine Reihe markanter Persönlichkeiten vorgestellt:
- Der sorbische Geistliche und Märtyrer des Nationalsozialismus Alois Andritzki (1914-1943) von von Anna Mirtschin.
- Conrad Gröber (1872-1948), von 1931 bis 1932 Bischof, von Christoph Schmider. Den Sachsen blieb mit Gröbers frühem Wechsel auf den Bischofsstuhl in Freiburg dessen Verständnispolitik gegenüber den natiuonalsozialistischen Machthabern erspart.
- Die große katholische Intellektuelle und Diözesansekretärin Ida Friederike Görres (1901-1971) von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz.
- Der Oratorianer und Ökumeniker Werner Becker (1904-1981) von Albrecht Voigt.
- Der Studentenpfarrer und Freigeist Ludwig Baum (1896-1973) von Markus Ruh.
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- Geschrieben von: Stefan Heid
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