PD Dr. Simon Unger-Alvi, derzeit wissenschaftlicher Programmleiter des Pius XII.-Projekts des Deutschen Historischen Instituts und Mitglied des RIGG, hat seine Habilitationsschrift an der Phil.-Fak. der Universtität Fribourg vorgelegt. Sie behandelt "Die Zeitschriften Eckart und Hochland: Entwicklungen des christlichen Konservatismus in Deutschland 1918-1970". Der Band ist in den "Politik- und Kommunikationswissenschaftlichen Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft" erschienen.

In der Einleitung heißt es: "Heute erinnert man sich der Schwesternzeitschriften Hochland und Eckart vor allem als Ankerpunkte des christlichen Widerstandes gegen das NS-Regime und als kritische Stimmen der Moral, die sich gegen Unterdrückung, Rassenideologie und Judenverfolgung, aber auch gegen nationalsozialistische Euthanasieprogramme gestellt hatten" (3).

Der Eckert ist eine evangelische Gründung (1906), die dann der Bekennenden Kirche nahestand, während das Hochland 1903 in München als katholisches Organ von Carl Muth gegründet wurde. Das Hochland wurde von den Nationalsozialisten im selben Jahr aufgelöst wie die Görres-Gesellschaft: 1941. Beide Zeitschriften wurden nach dem Krieg wiedergegründet. 

Der Band verzichtet leider auf ein Namensverzeichnis (wohl wegen der e-Ausgabe), obwohl er vollgespickt mit Namen ist. Es wäre jedenfalls sehr verwunderlich, wenn nicht eine große Zahl jener Intellektueller, die für das Hochland tätig waren, der Görres-Gesellschaft angehörten. Der einzelne Nachweis ist allerdings schwierig, da die Mitgliederkartei der Görres-Gesellschaft im Krieg unterging. Die Bibliothek des Campo Santo Teutonico besitzt das Hochland von 1909 bis 1974.

Unger-Alvi ist Profanhistoriker und untersucht als solcher den politischen Konservativismus, nicht innerkirchliche Vorgänge. Man darf aber davon ausgehen, dass die katholische und evangelische Intelligenz eher kirchlich fortschrittlich war, und es wäre ein interessante Frage, wie sich beide Strömungen zueinander verhielten.  

Das besondere Anliegen des Autors ist es, die Kontinuität und den Wandel in den gesellschaftlich-politischen Positionen der Zeitschriften vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zu erfassen. Der Buchtitel framt die beiden Zeitschriften als (politisch) "konservativ", sieht sie daher "in einem Boot" sitzen und versucht, Interessenskonvergenzen der evangelische-katholischen Intelligenz mit nationalsozialistischen Positionen aufzuweisen, die bis in die Nachkriegszeit weiterwirkten. Hier wird natürlich ein sehr weiter Rahmen gespannt: vom Ersten Weltkrieg bis zur Bundesrepublik: von den Nachwirkungen der Romantik im Obrigkeitsstaat über den Totalitarismus bis zum freiheitlichen Rechtsstaat. Dass hier bei den dezidiert christlichen Denkern erhebliche Bewegungen und Ortswechsel in den politisch-gesellschaftlichen Auffassungen zu beobachten sind, liegt auf der Hand. 

Man muss es wirklich bedauern, dass ein Namenindex und eine Liste der besprochenen Aufsätze der beiden Zeitschriften fehlen. Auch wäre interessant, die Liste der Autoren zu sehen, die in beiden Zeitschriften publiziert haben. Immerhin ist klar, dass man die Autoren keineswegs in Schubladen stecken kann. Sie waren keine Leute, die nicht gemerkt hätten, dass der National-Sozialismus keineswegs als "konservativ" zu verbuchen ist, sondern nach konservative und sozialistische Projekte betrieb, die beide - nicht nur bis 1970 - weiterwirken. 

Der Autor beschränkt sich nicht auf das in den beiden Zeitschriften Veröffentlichte, sondern wertet auch Archive aus. Er geht allen Spuren aufmerksam nach, ohne den Überblick zu verlieren oder sich in Details zu tummeln. Er verortet die Zeitschriften nicht einfach im Widerstand, sondern sieht auch Versuche von Annäherung "der Systeme". Gerade auch christliche Intellektuelle wollten sich anbiedern oder konnten die zynische Konsequenz des Nationalsozialismus ausblenden. Das Görres-Institut hat selber einmal versucht, die Anfälligkeit etwa der Liturgischen Bewegungen in der katholischen und evangelischen Kirche für völkisches Denken zu untersuchen.

Zeitschriften wollen eine intellektuelle Debatte eröffnen und aufklären. Die Lektüre der Arbeit von Unger-Alvi über solche Zeitschriften kann durchaus helfen, kritischer in die Vergangenheit zu schauen und wachsamer die gegenwärtigen politischen Entwicklungen zu beobachten.

Buch