Merchandising der Päpste: Leo XIII.
Seit Pius IX. beginnen die Päpste mit ihrer Vermarktung dank neuer Techniken, vor allem der Fotografie. Leo XIII. nutzt zum Heiligen Jahr 1900 noch kolorierte Postkarten. Dieses Heilige Jahr war schwierig, weil die Römische Frage noch nicht geklärt war, was erst 1929 mit den Lateranverträgen geschah.
Es war also ein Streitpunkt, ob öffentliche katholische Veranstaltungen stattfinden konnten. Auch gab es Gegenveranstaltungen des freimaurerischen Italien. Insofern waren solche Postkarten nicht so harmlos, wie sie scheinen, sondern waren Teil des Kampfes um die Deutungshoheit über Rom.
Die hier abgebildete Postkarte ist interessanterweise eine Produktion der italienischen Post. Die Briefmarken zeigen entsprechend König Viktor Emmanuel III. Hier bahnt sich also schon eine zaghafte Kooperation an, auch wenn sich die beiden Konkurrenten - Leo und Viktor Emmanuel - auf Distanz halten: des einen Konterfei vorne, des anderen hinten!
Rektor Anton de Waal schreibt in seiner Chronik am 12. Dezember 1899:
"Der Kardinal (Rampolla) glaubte die Sache dem Heiligen Vater vortragen zu sollen. Heute gab er mir die Erklärung, dass die Prozession aus Rücksicht auf die Wünsche der italienischen Regierung unterbleiben solle; in St Peter stehe uns jede Andacht frei und so weiter. Es ist sehr merkwürdig das kirchlicherseits nichts geschieht, um die Römer auf das heilige Jahr vorzubereiten. Bei früheren Jubiläen wurden selbst auf öffentlichen Plätzen Predigten gehalten. Jetzt sind die Römer nur darauf aus, wie sie aus dem Heiligen Jahr Gewinn ziehen sollen. Von religiöser Anregung und Bewegung keine Spur! Keine Spur!"
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- Geschrieben von: Stefan Heid
- Kategorie: Römische Notizen