Die Wellnessbereiche der Päpste und alten Römer
Man sollte meinen, es gäbe irgendetwas Neues unter der glühenden Sonne Roms, für das sich aufzustehen lohnte. Dem ist nicht so. Was hat man nicht seinerzeit alles geschrieben über den Tennisplatz und das Schwimmbad des sportlichen Johannes Paul II.! Nur notorisch unsportliche Pontifices sind von solchen Neidattacken verschont.
Wer aber meinen sollte, Wellness sei den Päpsten schon immer egal gewesen, der täuscht sich. Der "römische" Pontifex ist natürlich stolz auf seine alten Römer, die schon das wasser- und sonnenbaden liebten. Die berühmte Papstchronik Liber Pontificalis aus dem Mittelalter, erst neulich durch eine große Publikation des RIGG zu Ehren gekommen, gibt wie immer verlässliche Auskunft auch über die Schokoladenseiten päpstlichen Daseins.
Der Prunk und die Größe der Papstpaläste waren legendär. So hat Papst Hadrian (772-795) den Lateranpalast mit einem neuen Turm und einer Vorhalle mit Marmor und Malereien ausstatten lassen, und zwar, wie die Hofpresse vermeldet, alles zum Nutzen der "heiligen Römischen Kirche" und zur "Ehre des Apostelfürsten Petrus".
Und jetzt kommt's: Die Vorhalle führte zu einer großen Badeanlage (balneum), zweifellos für den Papst. Ob darin auch eine goldene Badewanne stand, ist nicht überliefert, aber man sollte es nicht ausschließen. Bei diesem Bad habe es, man höre und staune, auch ein Solarium gegeben (LP 1, 503).
Der Lateranpalast besaß also einen ganzen Wellnessbereich! Papst Hadrian wird deswegen als der "seligste und wahrhaft ausgezeichnete Vater, als der guter Hirte und herausragende Bischof" in den Himmel gelobt. Damals musste man sich für Luxus noch nicht entschuldigen, auch wenn Bischöfe schon immer darauf geachtet haben, dass ihr Eigennutz mit einhergehenden sozialen Maßnahmen für die Armen möglichst sichtbar ausbalanciert wurde.
Aber zurück zum Solarium! Was muss man sich darunter vorstellen? Fündig wird man im berühmten "Dictionnaire des Antiquités Grecques et Romaines", dem "Daremberg-Saglio", 4. Band, 2. Teil von 1908. Übrigens hat der betreffende Band in der Bibliothek des Campo Santo eine eingeklebte Urkunde: "Geschenkt von dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus aus Anlass des 50jährigen Bestehens des Priesterkollegiums im Deutschen Nationalinstitute des Campo Santo in Rom 1927" - das waren noch Zeiten!
Jedenfalls hat das Lexikon das Stichwort "Solarium" (S. 1386-1387), sogar mit Abbildungen! Demnach ist ein Solarium bei den alten Römern jedweder Bereich, der den Strahlen der Sonne ausgesetzt ist, besonders Terrassen auf dem Flachdach oder über einer Porticus, wo man Sonne, Luft und Ausblick genießen kann. Manche dieser Terrassen waren überdacht (solaria tecta). In Bädern gab es Zimmer, in denen man sich bei einfallender Sonne abtrocknen konnte. In Ciceros Tusculum ist ein Turm schlicht ein Solarium. Der neue Turm des Lateranpalastes könnte also oben enbenso ein (überdachtes) Solarium gehabt haben.
Wenn Papst Paul VI. seinerzeit auf dem Apostolischen Palast eine große Terrasse zum Spazierengehen anlegen ließ, dann war das im antiken Sinne nichts anderes als ein Solarium (siehe das Bild unten. Die Terrasse ist durch Querbögen unterteilt, die den Touristen auf der Kuppel die Sicht nehmen). Und auch der Campo Santo Teutonico hat sein Solarium tectum (siehe Foto oben) - und so ziemlich jede Dachterrasse in Rom.
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- Geschrieben von: Stefan Heid
- Kategorie: Römische Notizen