Die Meta Sudans - Schwitzkegel

Das Abendmahl, die Cena Domini wurde anfangs, wie der Name schon sagt, am kühlen Abend gefeiert, sehr bald aber alternativ am frühen Morgen, jedenfalls nie in der Mittagshitze. Jetzt versteht man, warum. Das Christentum ist nun einmal eine mediterrane Religion, da spielt das warme Klima eine Rolle.

Tatsächlich hat sich das bekannte Reallexikon für Antike und Christentum nicht gescheut, sogar ein Stichwort „Schweiß“ anzubieten, und da erfährt man, dass für die alten Griechen und Römer Schweiß und Tränen sozusagen dasselbe waren: die Tränen, die aus den Augen kullern, und die Schweißtropen auf der Haut sind Zwillinge, aber in unterschiedlichen Aggregatszuständen: die Tränen sind dünnflüssiger als der Schweiß.

Mit den Tränen hat sich sogar die Liturgie befasst. Schon seit den Tagen Karls des Großen gab es die Votivmesse pro dono lacrimarum – das Gebet um Tränenfluss. Weil das Weinen über die eigenen Sünden Zeichen echter Reue war, war es ein Problem, wenn man nicht weinen konnte. Auch wenn man sonst ein Problem hatte zu weinen, etwa wenn der Papst starb, dann brauchte man die Tränenmesse. Leider hat die jüngste Liturgiereform die Tränenmesse gestrichen.

Hingegen gab es nie im Messbuch eine Votivmesse um Schweißausbruch. Das ist schon seltsam. Denn es gibt ja genug Menschen, die an Faulheit leiden. Da wäre eine Messe um schweißtreibenden Arbeitseifer durchaus angebracht. Aber Schweiß will eben niemand.

Schweiß trägt in der Heilsgeschichte gar den Geruch der Sünde. Bekanntlich endet der Sündenfall im Schweiß: Zur Strafe heißt es an Adam: „Im Schweiße deines Angesichts sollst Du dein Brot essen“. Umgekehrt ist der Schweiß auch der Preis der Erlösung: Jesus am Ölberg schwitzt so sehr, dass der Schweiß von seinem Gesicht herabtropft und rot wie Blut ist (Lk 22,44). Der Schweiß Adams wird durch den Schweiß des neuen Adam erlöst. Das Blutschwitzen Jesu im Garten Getsemani, also das bis aufs Blut Schwitzen, hängt auch mit der alten Vorstellung zusammen, dass Schweiß genau wie die Tränen verdünntes Blut sei.

Schließlich spielt noch das Schweißtuch im Neuen Testament eine große Rolle: das soudarion. Das Schweißtuch legte man den Toten auf das Gesicht. Als Lazarus aus dem Grab kam, war sein Gesicht mit einem Schweißtuch verhüllt (Joh 11,44). Und auch Jesus legte man das Schweißtuch auf das Gesicht (Joh 20,7). Vielleicht tat man das gewissermaßen symbolisch: Der ausgekühlte Tote ist von der Arbeit und vom Schweiß erlöst. Er hat seine Ruhe gefunden. Mehr noch nach Ostern: Der in Christus Gestorbene ist vom Sündenschweiß Adams erlöst.

Ein letztes Mal kommen die Schweißtücher im Neuen Testament in der Apostelgeschichte vor (Apg 19,12). Der Apostel Paulus ist auf Missionsreise in Ephesus. Dabei kam er offensichtlich ordentlich ins Schwitzen. Da riss man ihm sogar die Schweißtücher vom Leib weg und legte sie den Kranken auf. Da wichen die Krankheiten und die bösen Geister fuhren aus. Die Schweißtücher des Paulus wurden also schon zu seinen Lebzeiten wie Kontaktreliquien benutzt. Schweiß kann also auch sein Gutes haben.

Woran denkt man noch beim Schwitzen? Hier im brütend heißen Rom vielleicht an die Meta sudans am Konstantinsbogen – aber das ist ein Fall für Archäologen.