Das Novemdiale: Der Leib des Papstes
Der renommierte Mediävist Agostino Paravicini Bagliani, der auch schon am RIGG vorgetragen hat, hat in seinem berühmten Buch "Der Leib des Papstes: Eine Theologie der Hinfälligkeit" die Inszenierung des Sterbens und Begrabenwerdens der Papste in Mittelalter und Renaissance beschrieben.
Angesichts der jüngsten Vorkommnisse kann man nur sagen: Nichts Neues unter der Sonne. Paravicini breitet ein Sittengemälde aus, das so unmittelbar aktuell ist wie nie. Er behandelt ausführlich das Herauszögern des Alters des Papstes, die Szenerie des Palastes, die Begräbnisriten, das Novemdiale und als Krönung den heiligen Papst.
Zum neuntägigen Trauerritual, dem Novemdiale, schreibt er:
"Die eigentlichen Beweggründe für die Übernahme und Ausgestaltung der öffentlichen Aufbahrung und des Novemdiale waren ekklesiologischer und institutioneller Art. Das Novemdiale machte es möglich, zwei ,Leiber' sichtbar zu machen: den Leib des verstorbenen Papstes, der öffentlich mit unverhülltem Gesicht aufgebahrt wurde, un den ,Leib' der Kirche, der - ebenso sichtbar - durch das Kardinalkollegium dargestellt wurde.
Es ist kein Zufall, daß Gregor X. zu Beginn seines Zeremoniales an Damianis Satz von der Kürze des Papstlebens erinnert:
,Da das Leben eines jeglichen Herrschers kurz ist, sterben auch die römischen Bischöfe bereits nach kurzer Zeit, sie, die in der unterhimmlischen Hierarchie an oberster Stelle stehen'.
Gregor besteht auf der Notwendigkeit der Kontinuität der Institution:
,Eine so erlauchte Hierarchie darf nicht kopflos (acefala) sein, als sei sie ein Monstrum'.
Bereits einige Jahre vorher hatte Heinrich von Susa mit Nachdruck gefordert, daß die Kardinäle die Pflicht hatten, den verstorbenen Papst zu bestatten, bevor sie einen neuen Papst wählten'".
Das 1997 im Beck-Verlag erschienene Buch ist nur noch antiquarisch erhältlich.
Totenglocke von Papst Franziskus
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- Geschrieben von: Stefan Heid
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