Die deutsche Nationalkirche Santa Maria dell'Anima in der Neuzeit
Susanne Kubersky-Piredda von der Bibliotheca Hertziana und Tobias Daniels haben einen stattlichen Band über die sogenannte deutsche Nationalkirche der "Anima" an der Piazza Navona in Rom in den ersten drei Jahrhunderten ihres Bestehens herausgegeben. Er ordnet sich in das größere Projekt "Roma communis patria" der Hertziana ein, das aus historisch-kunsthistorischer Sicht die Nationalkirchen Roms und ihre Bruderschaften untersucht.
Der reich illustrierte Band mit 478 Seiten (mit Namens- und Ortsindex) bietet Aufsätze auf höchstem wissenschaftlichen Niveau. Alle Beiträge (die meisten italienisch, einige deutsch) sind aus den (Archiv-)Quellen erarbeitet.
Eingeleitet wird der Band von den Herausgebern mit einem Beitrag über die soziale Pluralität, über konfessionelle Fragen und die künstlerische Identität an der Kirche Santa Maria dell'Anima (7-22). Anliegen ist es, zum Einen die historische mit der kunsthistorischen Sicht auf die "Anima" zu verbinden, zum Anderen die germanisch-nationale Lesart der katholischen Historiographie des 19./20. Jahrhunderts, repräsentiert durch die Studien von Schmidlin und Lohninger, zu überwinden zugunsten der historisch angemesseneren Würdigung der kleinteiligeren nationes, deren Vielfalt naturgemäß zu Konkurrenz- und Konfliktsituationen führte. Zudem spielt die Reformation in die internen Auseinandersetzungen der Bruderschaft hinein.
Von den diversen Kunstobjekten, die beschrieben werden, sei hingewiesen auf den Beitrag von Andreas Raub über den Annenkult im 16. Jahrhundert. Hier bestehen Beziehungen zwischen der "Anima" und dem "Campo Santo Teutonico". Raub hat hierüber 2016 einen Görres-Vortrag gehalten.
Vom Görres-Institut her bekannt ist auch Johan Ickx, der einen Beitrag über den bayerischen Universalgelehrten Johann Albrecht Widmanstetter im Jubeljahr 1550 verfasst hat (289-304).
Moritz Schönleben schreibt über die Mitgliederstruktur und Entscheidungsfindung der Bruderschaft der Anima (305-320), Cecilia Mazzetti di Pietralata über deutsche Kardinäle und ihre Titularsitze (389-416) und Tobias Daniels über deutsche Notare (159-212).
Ansonsten kreisen die Themen um das Kirchengebäude der Anima: den Innenraum und seine Archtitektursymbolik (Sara Bova, 23-56), die "alemannische Bauweise" (Hubertus Günther, 57-104), die Grabdenkmäler (Cristina Ruggero, 337-370), flämische Künstler (Loredana Lorizzo, 371-388) und die Sakristei (Giulia Iseppi, 417-462).
Der Namens- und Ortsindex ist eine wichtige Hilfe zur Erschließung des reichen Inhalts des Bandes. Nicht überraschend findet auch der Campo Santo Teutonico häufig Erwähnung (siehe Index unter "Roma-chiese" und - etwas unglücklich - unter "piazze", beides S. 476).
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- Geschrieben von: Stefan Heid
- Kategorie: Leseempfehlungen