Durch Schenkung ist der Bibliothek des Campo Santo Teutonico wieder eine Rarität zugekommen, nämlich ein 1940 veröffentlichter reich illustrierter Band über den unter Papst Pius XI. in den zehn Jahren nach den Lateranverträgen (1929) aus dem Boden gestampften neuen Musterstaat. 

Der vom Ingenieur Leone Castelli herausgegebene Band "... Quel tanto di territorio ..." - "Ricordi di lavori ed opere eseguiti nel Vaticano durante il pontificato di Pio XI" trägt brav auch die faschistische Zeitrechnung - "Roma / MCMXL / XVIII" - und war nicht im Handel erhältlich. Castelli war nicht irgendjemand, sondern ihm oblag die oberste Bauleitung. Pius XI., hatte ihn, wie könnte es anders sein, aus Mailand nach Rom geholt, um sozuagen einen kompletten Staat, eben den Vatikanstaat, neu zu bauen, samt Regierungsgebäude und Eisenbahn. 

Dafür wurden praktisch alle Gebäude, die sich bisher um den Petersdom herum befanden und bis ins 16. Jahrhundert zurückgingen, abgerissen (verschont blieben etwa nur Alt-Sankt Martha und die Kirche der Abessinier). So etwas lässt sich nur in einem autoritären Staat durchführen. Finanziert wurden die Demolierungen und Neubauten mit den Ausgleichszahlungen, die Italien an den Heiligen Stuhl leistete in gewisser Weise als Entschädigung für die Enteignung des Kirchenstaats.

Besonders wertvoll sind die zahlreichen Fotografien, die auch die später abgerissenen Häuser und Stadtviertel zeigen. Wo die Originalfotos heute aufbewahrt werden, ist mir nicht bekannt.

Der Campo Santo Teutonico ist dreimal zu sehen (siehe unten), auch wenn er von den Baumaßnahmen nur teilweise betroffen war. Denn das Eigentumsrecht der Erzbruderschaft blieb unangetastet, wenn auch ein Teilgebäude zur Grenzbereinigung abgerissen werden musste.

Bischof Josef Clemens hat das Buch zusammen mit anderen höchst wichtigen Publikationen über den Rechtsstatus der Vatikanstadt der Kollegsbibliothek geschenkt.

Dieses Bild ist bekannt (siehe z.B. S Heid, Wohnen wie in Katakomben, S. 108). Es zeigt das Lokal von Alexander Stocker, ein Devotionaliengeschäft, das sich in der äußersten Südwestecke des Campo Santo befand. Es wurde für das Heilige Jahr 1900 eingerichtet, weil am Campo Santo alle jene Pilger vorbeikamen, die in die Vatikanischen Museen gingen. Bei Stocker konnten sie also Rosenkränze, Papstfotos u.a. kaufen.

Das Lokal Stocker und überhaupt dieser ganze Gebäudeteil wurde nach den Lateranverträgen abgerissen, weil man die vatikanische Staatsgrenze - ein Geniestreich der Verantwortlichen! - mitten durch das Gebäude des Campo Santo Teutonico verlaufen ließ. Das Foto zeigt, wohl 1930, die Absperrung, bevor man das Gebäude teilabriss.

Rechts der Campo Santo Teutonico. Dieses Foto ist besonders interessant, weil es im Hintgergrund noch jene Gebäude zeigt, die in den 1970er Jahren samt und sonders für einen Parkplatz abgerissen wurden. Damals, um 1930, stand noch die Schweizer Garde, nicht die Gendarmerie, vor dem Kolleg.