Daniel Hohrath, Ansgar Reiß, Priscilla Pfannmüller und Sarah M. Lorenz - letztere beiden Mitglieder des RIGG - haben eine reich illustrierte Studie über ein Paradeobjekt des Bayerischen Armeemuseums in Ingolstadt vorgelegt: das Zelt des Großwesirs - ein osmanisches Schlafzelt aus der "Türkenbeute" des Kurfürsten Max II. Emanuel vom Jahr 1687.

Der im Fink Verlag erschiene Band wird von allen vier Autoren kollektiv verantwortet. Das Zelt, das sich noch heute in geradezu greller Farbenpracht präsentiert, hat eine 350jährige Wanderschaft hinter sich, die sich in zahlreichen Gemälden und Fotografien dokumentieren lässt. Lange Zeit als Trophäe herumgereicht, dann als Kuriosität auf der Münchener "Wies'n" gezeigt und schließlich im Turm des Neuen Schlosses ausgestellt, ist das Zelt übervoll von Geschichte, die in vier Kapiteln ausgebreitet wird:

  • Das osmanische Zelt im Bayerischen Armeemuseum
  • Mobile Paläste - Zelte im Osmanischen Reich
  • Schlacht und Beute (hier geht es um die Schlacht am Berg Harsan am 12. August 1687)
  • Von der Trophäe zum Ausstellungsstück

Das Zelt des Großwesirs wird so nach allen Regeln der Kunst "auseinandergenommen". Noch die kleinste Spur in Archivalien und in Bilddokumenten wird verfolgt. Das Buch ist auf höchstem wissenschaftlichen Niveau und dabei spannend und informativ. Im Grunde enthält es auch eine ganze Museumsgeschichte - nämlich den Werdegang vom Wittelsbacher Zeughaus zum Bayerischen Armeemuseum. Darüber hinaus wird reichlich osmaische Kulturgeschichte geboten - die Faszination Orient spielt bis heute bei solchen Exponaten mit. 

Das heute ausgestellte Zelt ist freilich nur eines von geschätzten 10.000 Zelten des Türkenlagers. Es ist auch nicht das größte Zelt der Zeltburg des Großwesirs, sondern nur ein Nebenzelt: sein Schlafzelt und Aufbewahrungsort der Kriegskasse (S. 134, vgl. S. 81). Das Hauptzelt wurde zwar auch erbeutet, aber viele Beutestücke verrotteten durch unsachgerechte Einlagerung im Münchener Zeughaus. Priscilla Pfannmüller bereitet eine weitere Publikation dazu vor (S. 207 Anm. 133).

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