Johannes Schidelko, 26 Jahre lang Leiter des Gemeinschaftsbüros der deutschsprachigen katholischen Nachrichten-Agenturen in Rom, Mitglied des RIGG und dem Campo Santo Teutonico auch als Organist vertraut, hat ein Taschenbuch über die Hintergründe und Vorgänge der jüngsten Kurienreform veröffentlicht.

Schidelko legt ein sehr nützliches Buch über den Iststand der Kurie und des Vatikans vor. Jetzt gibt es abgesehen vom (durchaus entmachteten) Staatssekretariat nur noch gleichrangige Dikasterien - Verwaltungseinrichtungen. Hauptkennzeichen der Reform ist die Schaffung von zentralisierten und pyramidal aufgebauten Großbehörden, indem kleinere Einheiten zusammengelegt wurden. Die "Gesunde Dezentralisierung" (S. 30) bezieht sich auf außerhalb Roms.

Die vatikanischen Großbehörden werden von Schidelko einzeln aufgeführt, kenntnisreich seziert und auf die Zentralfigur Franziskus hingeordnet. Schidelko gelingt es, die mäandernden Wege der letzten Jahre zu benennen, die nun per Dekret in eine Form gebracht wurden. Auf Namen (bis auf einen) verzichtet er. So bleiben die Behörden anonym, aber die stetig wechselnden Personalien hätten dem Leser auch wenig gebracht. Die Namenlosigkeit ist aber doch auch bezeichnend für die Wahrnehmung des Apparats. 

Bei der Lektüre wird aber auch schnell klar, dass Franziskus Behörden zusammengelegt hat, dass die Arbeitsbereiche und Abläufe aber weitgehend dieselben wie bisher sind. Nur wurden zum Teil die Kompetenzen anders aufgeteilt. 

Insgesamt wird auf den 300 Seiten sehr viel Interessantes geboten. Die Lektüre lohnt, und als Nachschlagewerk eignet sich das Buch auch, auch wenn es keinen Index hat. Lesefrüchte:

Führungskräften "ist untersagt, Geschenke oder andere Vorteile im Wert von mehr als 40 Euro anzunehmen. Wer dazu falsche Erklärungen abgibt, kann entlassen werden" (S. 263). Ab wann von oben gilt man als Führungskraft?

"Eine allzu leichtfertige Veräußerung [etwa von Immobilien] (weit unter Wert), auf die sich manche [Ordens-]Gemeinschaft nach dem Konzil um des Armutsideals willen einließ, entspreche nicht der katholischen Soziallehre" (S. 158). Nun doch keine "arme Kirche der Armen"?

Dann erfährt man über die "Rom-Grenzen": Wenn eine Diözese oder eine andere kirchliche Einrichtung in Deutschland mehr als 5 Mill. Euro investiert oder veräußert, muss vorher Rom gefragt werden (S. 144).

Es gibt 5.125 Bischöfe auf der Welt (S. 127). Hat man es nicht schon immer geahnt: Es herrscht Priestermangel, aber kein Bischofsmangel!

Soviel zu ganz willkürlich herausgegriffenen Informationen aus dem reichen Fundes des Buches.

Abschließend darf angemerkt werden, dass es Schidelko um keine kritische Hintergrundanalyse der Akteure der Restrukturierung und Machtumverteilung im vatikanischen Apparat geht, sondern um die Auswertung der offiziellen Dokumente vor dem Hintergrund seiner eigenen langjährigen Berichterstattung über die Kurie. Dargestellt wird also mit Wohlwollen die gute Absicht der Reform. Zurecht richtet er im Epilog einen skeptischen Blick in die Zukunft (S. 292): Das tausendfach vorkommende Wort "Reform" ist nüchtern betrachtet erst einmal neutral aufzufassen - ob eine "Reform" eine Verbesserung, Verschlechterung oder auch nur die Fortsetzung des Bisherigen in anderem Gewand ist, bleibt der Beurteilung kommender Zeiten und nicht zuletzt des Nachfolgers an der Spitze überlassen. 

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