Das war die Idee von Papst Cölestin V., olim Pietro da Morrone, des "Engelpapstes", der dann aber am 13. Dezember 1294 nach wenigen Monaten Amtszeit frustriert zurücktrat und in der Gefangenschaft seines robusten Nachfolgers Bonifaz VIII. starb. Vielleicht wäre es auch heute eine gar nicht so schlechte Idee, dem Vatikan etwas frische Luft zu verordnen und ihn in die Abruzzen zu verlegen, wo man besser allen Sicherheitsbedenken Rechnung tragen und zugleich die strukturschwachen Berglandschaften durch neue Pilgerpfade fördern könnte. 

Der unpolitische, gedemütigte und allein gelassene Cölestin hatte die Herzen der Gläubigen gewonnen. Gerade die Tragik des Scheiterns machte ihn zum Heiligen. Pietro da Morrone, Einsiedler, Mönch und geistlicher Erneuerer der Kirche, der jahrhundertelang durch die von ihm gegründete Benediktinerkongregation der Cölestiner weiterwirkte, wollte jedenfalls weder Papst werden noch in der Schlangenbrut Rom residieren. Ihm gefiel seine Heimatstadt L'Aquila in den Abruzzen besser, wo er eine riesige Klosterkirche, S. Maria di Collemaggio, errichten ließ, die das Hauptkloster der Cölestiner Mönche wurde, die leider um 1800 restlos säkularisiert wurden. Es wäre doch schön, wenn dieser Reformorden in der vom Engelpast gewollten Form wiederbelebt werden könnte.

In S. Maria di Collemaggio fand sich erst vor wenigen Jahren ein Fresko, das Coelestin zeigt, wie er wieder im Mönchshabit ist, die Tiara ablegt und auf den Papstmantel tritt. Radikaler könnte man nicht seine Abscheu vor dem hohen Amt zum Ausdruck bringen. Der Leichnam des heiligen Papstes liegt in der genannten Kirche und wurde von Papst Benedikt XVI. nach dem verheerenden Erdbeben 2009 aufgesucht. Dort legte er sein Pallium nieder, das jetzt - Ironie der Geschichte - auf den Schultern des pontifikal gekleideten Cölestin liegt.  

Die Erforschung der Geschichte des Engelpapstes wurde maßgeblich von Mitgliedern des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft betrieben. Darüber hat jüngst Stefan Samerski in dem Band Päpstlichkeit und Patriotismus Einiges gesagt:

Max Sdralek (1855-1913) hatte der Geschichte Coelestins V. schon als Professor in Münster starke Aufmerksamkeit gewidmet. Noch von Münster aus war Sdralek 1895 für längere Zeit nach Italien gereist, um in Rom, Neapel und Sulmona das Material über Coelestin V. zu sichten und mit einer Sammlung zu beginnen. Stark unterstützt wurde er dabei vom Kirchenhistoriker Paul Maria Baumgarten (1860–1948), der 1895 sogar eine Reiseskizze für die Kölnische Volkszeitung ablieferte. Die wissenschaftliche Erforschung stand damals am Anfang; archivalische Hilfsmittel lagen kaum vor. Bei diesem Studienaufenthalt, der weitgehend auf Handschriftenkataloge und gedruckte Literaturrecherchen verzichten musste, reifte bei Sdralek der Plan der Monumenta Coelestiniana. Diese sollten die ältesten Lebensbeschreibungen des „Engelpapstes“, die Akten des Kanonisationsprozesses sowie die noch ungedruckten Konstitutionen der Coelestiner und eine vollständige Rekonstruktion des Bullariums abdrucken. Sdralek, der dann 1896 nach Breslau berufen wurde, konnte diesen Plan nicht voranbringen: 1900 wurde er Kanoniker der Breslauer Domkirche. Er sah in Franz Xaver Seppelt (1883-1956) seinen geborenen Nachfolger für die Coelestin-Studien. Diese waren es auch, die Seppelt den Weg nach Rom und zur Habilitation ebneten. Insofern war der akademische Lehrer Sdralek die treibende Kraft, die auch die inhaltlichen Vorgaben für Seppelts Studienaufenthalt am Campo Santo lieferte. Sdralek konnte bereits in den Analecta Bollandiana 1897 (Bd. 16) einen nicht unerheblichen Teil seiner Coelestin-Forschung veröffentlichen, der aber durch Unvollständigkeit und Lückenhaftigkeit, wie Seppelt es ausdrückte, intensive Recherchen in den italienischen Archiven und Bibliotheken erforderte. Das wollte er selber leisten. Ursprünglich wollten beide Breslauer gemeinsam die Monumenta Coelestiana herausgeben. Es kam jedoch anders. Kurz bevor Seppelt im Herbst 1909 nach Rom ging, ereilte Sdralek – zu Pfingsten – ein Schlaganfall, der alle seine wissenschaftlichen Pläne zunichte machte. Die Monumenta wurden dann von Seppelt allein – wenn auch in reduzierter Form – verwirklicht und mit Unterstützung der Görres-Gesellschaft publiziert.