Zu dem neuen Buch von Julian Traut: Ein Leben für die Kultur. Reinhard Raffalt zwischen Bayern, Deutschland und Italien

Über ein Vierteljahrhundert lebte und arbeite Reinhard Raffalt in der Ewigen Stadt: Er war Organist in der Anima, Vatikankorrespondent, erster Direktor der Deutschen Bibliothek, Begründer der Römischen Bachgesellschaft, Schriftsteller und Rundfunkautor, Mitgründer des römischen Studios des Bayerischen Rundfunks und in den 1950er-, 60er- und 70er- Jahren eine Institution der deutsch-römischen Gesellschaft.

Wenn man jedoch heute auf den vor über 40 Jahren früh verstorbenen Reinhard Raffalt stößt, dann hat das mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Sprach- und Reiseführer „Eine Reise nach Neapel…e parlare italiano“ zu tun. Diesen konzipierte Raffalt in den 1950er Jahren für den Bayerischen Rundfunk und den Prestel-Verlag. Auch wenn der Autor dieses frühe Werk später ironisch als „Jugendsünde“ bezeichnete und es nie überarbeitet wurde, ist es das einzige Werk von ihm, das bis heute in immer neuen Auflagen gedruckt wird. Generationen von deutschen Italienreisenden haben sich mit diesem Buch in der Hand der Sprache und Kultur unseres südlichen Nachbarn angenähert, und auch heute hat es nichts von seinem Charme eingebüßt.

Wer war also dieser Mann, der in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in Bayern, Deutschland und auch Italien einen so klingenden Namen hatte und warum ist er heute beinahe vergessen?

Journalist, Schriftsteller, Kulturvermittler und Musiker – Reinhard Raffalt (1923–1976) war ein Mann mit vielen Begabungen. Mit seinen Büchern, Hörfunksendungen und Filmen begeisterte er Millionen Menschen nördlich und südlich der Alpen. Er war Bayerns Stimme in Rom. Zudem gestaltete er in den 1950er-, 60er- und 70er-Jahren die auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland mit. Beruhend auf einem umfangreichen Nachlass sowie Nebenüberlieferungen in deutschen und italienischen Archiven liefert die Biografie eine transnationale Synthese über den Wahlrömer Reinhard Raffalt. Dieser Zugriff ermöglicht dabei neben spezifischen Erkenntnissen zu seinem Leben und Wirken vertiefte Einsichten in politisch-kulturelle Fragestellungen der Nachkriegsjahrzehnte. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei auch seinem Netzwerk, seiner soziokulturellen Verortung sowie seinem literarischen und publizistischen Oeuvre.

Dr. Julian Traut (* 1985 im Chiemgau), tätig am Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, hat in München und Bologna Geschichte, Politik- und Rechtswissenschaft studiert. In Rom konnte er durch verschiedene Forschungsaufenthalte als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie des Deutschen Historischen Instituts ein knappes Jahr verbringen und die italienische Überlieferung zu Reinhard Raffalt bearbeiten. Hier waren neben Zeitzeugengesprächen vor allem die Bestände der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima, des Campo Santo Teutonico, des Collegium Germanicum et Hungarorum sowie des Archivs des Deutschen Historischen Instituts in Rom einschlägig.