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Dr. Andreas Raub, 2014/15 wissenschaftlicher Mitarbeiter am RIGG, hat seine bei Arnold Nesselrath in Berlin eingereichte kunsthistorische Dissertation über Gemälde und Retabeln in preußisch-protestantischen Kirchen veröffentlicht. Das Buch besticht durch sein hoch bemerkenswertes Thema, das wiederum auf eine echte Entdeckung zurückgeht: dass nämlich aus katholischen Kirchen stammende Altarbilder des 15./16. Jahrhunderts, die in die Berliner Gemäldegalerie eingegangen waren und im Depot verstaubten, im ausgehenden 19. Jahrhundert sozusagen resakralisiert wurden.

Die Gemäldegalerie überließ sie nämlich leihweise katholischen, vor allem aber lutherischen Gemeindekirchen in Preußen, Pommern, Posen und Schlesien, wo sie über bzw. hinter dem Altar angebracht wurden. Der Altar steht auch in der lutherischen Tradition wie damals bei den Katholiken an der hinteren Kirchenwand. Der lutherische Pastor steht also genauso wie der katholische Pfarrer mit dem Rücken zum Volk und schaut bei den rituellen Handlungen auf das Altarbild. Die Akzeptanz solcher Bilder ist in vielerlei Hinsicht, aber eben auch in ökumenisch-theologischer Hinsicht aufschlussreich.

Raub gibt einen vollständigen Katalog der 68 Bilder, die folgende Motive aufweisen: Geburt Christi, Taufe Christi, Kreuzigung, Kreuzabnahme, Grablegung, Auferstehung, Maria zwischen Heiligen (und viele andere Marien-Varianten), die heiligen drei Könige, die heilige Familie u.a. Es bestätigt sich, was zu vermuten war: Die Marienbilder finden sich fast ausschließlich auf katholischen Altären, während die Lutheraner Maria nur als Nebenfigur, etwa bei der Anbetung des neugeborenen Christkindes, zulassen. Umgekehrt findet die Kreuzigung Christi, die ursprünglich ein dominierendes Motiv auf katholischen Altären war, nunmehr ausschließlich in lutherischen Kirchen ihre Wiederverwendung.

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