Rainer Riesner, bis 2013 Professor für Neues Testament am Institut für evangelische Theologie der TU Dortmund,  hat als Summe seiner akademischen Lehre den voluminösen Band "Messias Jesus - Seine Geschichte, seine Botschaft und seine Überlieferung" vorgelegt. Der Exeget Riesner ist keiner ideologischen Schule verpflichtet, sondern nähert sich den Quellen mit historischem Interesse an. Mit größter Nüchternheit und Gewissenhaftigkeit schöpft er aus den antiken Texten und archäologischen Denkmälern seine Erkenntnisse und kommt zu dem Ergebnis: "Es ist historisch möglich zu wissen, wer Jesus war und was er wollte" (S. 478).

Riesner befasst sich, seinem Thema entsprechend, vornehmlich mit den vier Evangelien. Christus wird ganz in den Rahmen seiner Zeit und damit in die jüdisch-römische Umwelt hineingesetzt, in die er als "Messias" in dem Maße hineingehört wie er aus ihr als Messias zugleich herausragt. So wird der Bogen von den Messiaserwartungen über die Herkunft, die Anfänge, die Predigt und den Schülerkreis Jesu bis zu seiner Hinrichtung und Auferstehung geschlagen. Es dürfte schwer fallen, dem Autor eine gröbere Auslassung nachzuweisen. Auch die Archäologie kommt ausführlich zu Wort, und auch das nicht zufällig, denn Archäologie deutet nun einmal auf eine reale Welt und stört den Drang mancher Bibelforscher,  neutestamentliche Texte in Mythologie, Literaturprodukte oder schlicht orientalische Spinnerei aufzulösen. 

Riesner geht sämtlichen Fragen nach, die sich einem Leser des Neuen Testaments stellen können, und zwar gerade auch in historischer Sicht: Wie wahrscheinlich ist die Kindheitsgeschichte Jesu?, Was ist über das Elternhaus Jesu zu sagen? U.s.w. Riesner weicht nie der historischen Frage aus, sondern steuert sie geradezu an. Er vernebelt nichts mit Theorien- und Methdodenreflexionen, sondern wagt Antworten auf Fragen, die der normale Mensch an die Bibel hat.  Dabei ist er stets vorsichtig und ausgewogen, schreibt seine lange gereiften Erkenntnisse schnörkellos, in notarieller Kürze nieder. Kaum ein Kapitel, das mehr als drei Seiten zählt. Man merkt: das ist kein fröhliches "Und die Bibel hat doch recht", sondern die reife Frucht vieljähriger verästelter Forschungen. 

Insgesamt ist Riesner ein solides Handbuch gelungen, das sich behaupten wird. Er zeigt, dass moderne Exegese auch noch etwas Historisches zu sagen hat und nicht zur Literaturkunde verkümmern muss. Der überaus reiche Material, das Riesner ausbreitet, erschließt sich dem Leser schnell anhand der klaren Überschriften oder mittels der Register. 

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