Der Jesuit Engelbert Kirschbaum, geboren 1902 in Köln, arbeitete seit 1932 als Kunsthistoriker und Archäologe in Rom bzw. über römische Themen. Seine Arbeit trug wesentlich zum Wiederaufbau des RIGG nach dem 2. Weltkrieg bei. Sein Amt als Direktor des Görres-Instituts legte er Ende 1959 nieder, um sich ganz dem von ihm konzipierten und herausgegebenen Lexikon der christlichen Ikonographie zu widmen.

Nach dem Besuch des Kaiser Wilhelms-Gymnasiums in Köln (Abitur: 08.02.1921) trat er am 11.04.1921 in ’s Heerenberg (Güeldres) in den Jesuitenorden ein, studierte er 1923-1926 an der Philosophisch-Theologischen Lehranstalt der Gesellschaft Jesu des Ignatiuskollegs zu Valkenburg Philosophie. Anschließend nahm er in München das Studium der Kunstgeschichte u. Archäologie auf. Seine Lehrer wurden Rudolf Kömstedt und vor allem Wilhelm Pinder. Am 21.12.1928 wurde er von der Philosophischen Fakultät mit der von diesem betreuten Arbeit „Die deutsche Nachgotik. Ein Beitrag zur Geschichte der christlichen Architektur von 1550 bis 1800“ promoviert. Es folgte 1928 bis 1932 das Theologiestudium in Valkenburg, wo er am 27.08.1931 die Priesterweihe empfing.

1932-1934 studierte er am Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana, wo ihn besonders sein Kölner Landmann Leo Kunibert Mohlberg O.S.B. betreute. Die Lizenzarbeit ging über den Raumcharakter der altchristlichen Basilika. Als Thema der Doktorarbeit waren zunächst die Reliquientranslationen geplant, dann wechselte er zu den Evangelistensymbolen, schließlich – Wilhelm Neuss war ihm mit den Evangelistensymbolen zuvorgekommen – zu Aether. Importanza e figurazione de l’Aeter nella poesia e nell’arte della prima età cristiana; mit dieser Arbeit wurde er – „alla scuola di mons. Wilpert” (A. Ferrua) – am 30.06.1934 promoviert.

Nach dem Terziat in Münster 1934 bis 1935 war Kirschbaum Spiritual der Philosophiestudenten der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen (Frankfurt). Im März-April 1935 besuchte er Nordspranien und traf dort Pedro Batlle y Huguet (Tarragona) u. Eduard Junyent i Subirà (Vic). 1936-1939 war er Skriptor u. zweiter Redakteur an den „Stimmen der Zeit“ in München. Kirschbaum arbeitete 1936-1937 in Absprache mit Mohlberg an einer baugeschichtlichen Exzerptsammlung aus dem Liber Pontificalis. Seit 1929 hatte er immer daneben Vorlesungen über Kunstgeschichte u. Christliche Archäologie gehalten sowohl in Valkenburg als auch an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt, wo er seit dem 27.07.1929 als o. Prof. für Kunstgesch. wirkte (hier las er bis 1940, dann nur noch SS 1953) u. am Johannes Berchmans-Kolleg in Pullach. Von München wurde er 1939 an die Univ. Gregoriana berufen, um an der Kirchenhistorischen Fakultät Kunstgeschichte zu lehren. Tatsächlich las er dort 1940 bis zu seinem Tod die gesamte Kunstgeschichte, an der Theologischen Fakultät hingegen zunächst Theologiae monumentorum (1941-1943).

Gruppenfoto von der AudienzZu seinen Schülern zählten Corrado Leonardi u. Jerzy Langman. Wegen der schwierigen Verhältnisse am Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana (via Napoleone III, 1) nach dem Tod Johann Peter Kirschs wurde er von seinen Oberen 1941-1947 für die Vertretung des Lehrstuhls für Edifici di Culto u. Arredamento liturgico freigestellt; sein Nachfolger hierin wurde 1948 Bruno Maria Apollonj Ghetti. 1941-1942 hat Kirschbaum auch in Vertretung von Lucien de Bruyne Ikonographie gelesen. Aus seiner Tätigkeit am Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana erwuchs das Büchlein Catacombe romane. Seit Herbst 1947 las Kirschbaum an der Kirchenhistorischen Fakultät der Gregoriana neben der Kunstgeschichte auch Christliche Archäologie und christliche Epigraphik: er übernahm von Romano Fausti S.J. die Vorlesung Archaeologiae et Epigraphiae Christianae (bis 1961; Nachfolger Louis Martínez-Fazio S.J.). Nach Fausti’s Tod übernahm er seit 1951 auch dessen kunsthistorisches Seminar an der Theologischen Fakultät (bis 1963). Ferner hielt er an der Theologischen Fakultät 1952-1953 den Spezialkurs Sepulchrum SS. Apostolorum Petri et Pauli u. später sporadisch weitere Spezialkurse zur Kunstgesch. Schließlich übernahm er 1962-1963 von Ludwig von Hertling S.J. die Christliche Archäologie, die nun wieder als eigenständige Einführungsvorlesung innerhalb der Theologischen Fakultät erscheint (Nachfolger Martínez-Fazio S.J.). Seit dem 30.11.1950 war er korrespondierendes Mitglied, seit dem 26.01.1956 effektives Mitglied der Pontificio Accademia Romana di Archeologia. 1945-1956 referierte er mehrfach auf den „Konferenzen für Christliche Archäologie“.

Kirschbaum leitete eine Gruppe, die sich monatlich an der Priszillakatakombe traf; zu ihr gehörten u.a. Hermine Speier, Martha Wegan, Elisabetta Lucchesi-Palli u. Kurt Körbel. Kirschbaum, der in engem persönlichen Kontakt zu Ludwig Kaas stand, wurde seit seiner Ankunft in Rom in die Überlegungen zu den Grabungen in St. Peter einbezogen. Er war maßgeblich zusammen mit Antonio Ferrua S.J., Enrico Josi u. Bruno Maria Apollonj-Ghetti 1940-1949 (insbesondere 1941-1942) an ihnen beteiligt, und hier zeigten sich „son étonnante mémoire visuelle, ses qualités et ses dons d’observation et de critique“ (V. Saxer). Nicht war er an den Ergänzungsgrabungen 1953-1957 beteiligt. In die Diskussionen um das Petrusgrab u. die Petrusreliquien hat er mit nüchternem Blick eingegriffen (Bestätigung des Petrusgrabes, Skepsis bei den Petrusreliquien), während Ferrua und M. Guarducci sich heftig befehdeten. Seine Monographie „Die Gräber der Apostelfürsten“ geht in vielem über das von den Esplorazioni Gebotene hinaus.

1950 wurde Kirschbaum von Angelo Renato Pantoni O.S.B. zu Grabungen in der Klosterkirche von Montecassino (Benedikt- und Scholastikagrab) und unter der Kathedrale von Santiago de Compostela beratend herangezogen. Seit dem 26.11.1949 war er als Nachfolger von Hermann Maria Stoeckle Direktor des Röm. Instituts der Görres-Gesellschaft. Unter ihm wurde das Institut 1949 in die Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell’Arte in Roma aufgenommen, die interimistisch mit der Treuhänderschaft über die beschlagnahmten deutschen wissenschaftlichen Institute in Rom beauftragt worden war. Wenn die deutschen Institute für Archäologie, Geschichte und Kunstgeschichte nicht, wie es sich die Siegermächte vorstellten, internationalisiert wurden, sondern wieder in deutsche Hand kamen, so war dies auch Kirschbaum zu verdanken.

Seit 1954 gab er die am Campo Santo Teutonico angesiedelte Römische Quartalschrift mit heraus u. zeichnete bis zu seinem Tod für den christlich-archäologischen Teil verantwortlich. Allerdings legte er sein Amt als Direktor des Görres-Instituts bereits Ende 1959 nieder, um sich ganz dem von ihm inaugurierten u. herausgegebenen Lexikon der christl. Ikonographie widmen zu können, das seinen ikonographischen Interessen entgegenkam. Er erlebte noch das Erscheinen des ersten Bandes. Sein Nachfolger in der Leitung des Görres-Instituts wurde Voelkl. Seit 1959 half Kirschbaum ihm und August Schuchert bei der Durchführung der Studienkurse für Religionslehrer am Campo Santo Teutonico. Kirschbaum reiste nach Ephesus und Südindien und forschte nach den dort vermuteten Apostelgräbern. „Wäre er in Deutschland geblieben, hätte er wohl bald eine führende Stellung in Fragen des kirchlichen Kunstschaffens eingenommen. In Rom gelang ihm das nur zum Teil. Zwar hat er nicht selten beim Bau von Kirchen und bei ihrer künstlerischen Ausstattung tätig mitgewirkt, aber andere, bisweilen kuriose Kunstbegriffe maßgebender Persönlichkeiten versperrten ihm den Aufstieg in Schlüsselpositionen. Es hat ihm umso weniger etwas ausgemacht, als er jeweils stärker auf das archäologische Gebiet gedrängt wurde“ (F. Kempf). Ferrua, der über hundertjährig starb, schrieb in seinem Nachruf auf Kirschbaum, der aufgrund seiner rheinischen Frohnatur keine Feinde kannte, er habe viele schöne Dinge angefangen und nicht vollendet; indes war es seine Krebserkrankung, die Kirschbaum allzu früh hinwegraffte.

Sein Grab befindet sich auf dem Campo Santo Teutonico.